Shang Han Lun
Von Shouchun Ma (Autor/in)., Dan Bensky (Autor/in)., Petra Zimmermann (Übersetzer/in). | 750 Seiten | Erscheint voraussichtlich: 15. 12. 2025 | ISBN: 9783991140825 | 1.Auflage
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Dieser Titel erscheint voraussichtlich Dezember 2025.
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Abhandlung über kälteverursachte Schäden mit Kommentaren für die klinische Praxis
übersetzt und herausgegeben von Shouchun Ma und Dan Bensky
Das Herzstück dieses Buches sind die Übersetzungen der 398 wichtigsten Abschnitte der Song-zeitlichen Ausgabe aus dem 11. Jahrhundert, in denen tài yáng, yáng míng, shào yáng, tài yīn, shào yīn, jué yīn sowie plötzlicher Tumult, Yin-Yang-Austausch und Rückfall nach Genesung aufgrund von Auszehrung abgehandelt werden.
Jeder Abschnitt wird ausführlich erläutert, wobei sowohl die klinische Relevanz als auch Hintergrundwissen berücksichtigt werden. In den Abschnitten, in denen Arzneimittelrezepturen enthalten sind, wird der chinesische Originaltext mit Übersetzung und kurzer Erläuterung der Rezepturzusammensetzung angeführt. Auch die Zubereitungsmethoden (sowohl die originalen als auch moderne) werden besprochen.
Ein besonderes Highlight dieses Buches sind die Kommentare zu den einzelnen Abschnitten von den angesehensten Gelehrten, die sich in den letzten 1000 Jahren mit der Abhandlung über kälteverursachte Schäden befasst haben. Die Leser erhalten dadurch einen direkten Zugang dazu, wie bedeutende Ärzte in der Vergangenheit dieses Werk interpretiert und in ihrer klinischen Praxis genutzt haben.
Die Autoren, beide Therapeuten mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Chinesischen Medizin, vermitteln ihre eigenen Erkenntnisse zu dem Werk, indem sie die klinischen Aspekte der Abschnitte interpretieren und erörtern.
Sorgfältig ausgewählte Fallgeschichten sind wichtigen Abschnitten beigefügt, um den Lesern einen Einblick in die praktische Anwendbarkeit der Abschnitte und den klinischen Nutzen der darin enthaltenen Rezepturen zu geben.
Das Buch wird abgerundet durch ein Glossar, eine Auflistung der im Text erwähnten Personen, eine Bibliografie und einen Index.
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Tabellen
Hinweise zur deutschen Übersetzung
Einführung
Kapitel 1
Differenzierung von Puls und Symptomen von Tài-yáng-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Tài-yáng-Kapitel
Kapitel 2
Differenzierung von Puls und Symptomen von Yáng-míng-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Yáng-míng-Kapitel
Kapitel 3
Differenzierung von Puls und Symptomen von Shào-yáng-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Shào-yáng-Kapitel
Kapitel 4
Differenzierung von Puls und Symptomen von Tài-yīn-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Tài-yīn-Kapitel
Kapitel 5
Differenzierung von Puls und Symptomen von Shào-yīn-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Shào-yīn-Kapitel
Kapitel 6
Differenzierung von Puls und Symptomen von Jué-yīn-Erkrankungen und deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über das Jué-yīn-Kapitel
Kapitel 7
Differenzierung von Puls und Beschwerdebild der plötzlichen Tumult-Erkrankung sowie deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über plötzlichen Tumult
Kapitel 8
Differenzierung von Puls und Beschwerdebild von Yin-Yang-Austausch und Rückfall nach Genesung aufgrund von Auszehrung sowie deren Behandlung
Allgemeine Gedanken über Yin-Yang-Austausch und Rückfall nach Genesung aufgrund von Auszehrung
Anhang 1: Maßeinheiten in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden im Lauf der Jahrhunderte
Anhang 2: Glossar
Anhang 3: Im Text erwähnte Personen
Anhang 4: Bibliografie
Anmerkungen
Querverweis Pinyin- und deutsche Rezepturnamen
Index
Einführung
Warum dieses Buch?
Was ist die Abhandlung über kälteverursachte Schäden (Shāng hán lùn)?
Dieses Buch, das Zhang Zhong-Jing zugeschrieben wird und auf das frühe 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurückgeht, ist seit mindestens 1000 n. Chr. und wahrscheinlich schon etliche Jahre zuvor eine tragende Säule der Herangehensweise der Chinesischen Medizin an äußerlich zugezogene Erkrankungen. Im Lauf der Zeit und vor allem in den letzten paar hundert Jahren haben die Gedanken und Rezepturen in diesem Buch und seinem Begleitwerk, Wichtigste Rezepturen aus dem goldenen Schrank, die Art und Weise beeinflusst, wie Ärzte in Ostasien eine große Vielzahl medizinischer Fragen in Begriffe fassen und behandeln.
Für uns ist eines der Markenzeichen der Abhandlung über kälteverursachte Schäden, dass es sich fast ausschließlich um ein klinisch ausgerichtetes Werk handelt, in dem es nur sehr wenige Spekulationen jeglicher Art gibt. Wir haben uns diesem Buch aus dem gleichen Blickwinkel genähert und stets über klinische Schlussfolgerungen nachgedacht – nicht nur in den Abschnitten selbst, sondern auch bei unserer Auswahl der Kommentare und bei der Entscheidung, wie Begriffe übersetzt werden sollen. Wir wollen nicht den Anschein erwecken, dass wir unsere Ziele immer erreicht hätten: zum einen, weil eine zu große Strenge die Art und Weise, wie in der Tradition an den Text herangegangen wurde, verzerren würde, und zum anderen, weil es, um ehrlich zu sein, selbst in einem Werk wie diesem einige Stellen gibt, für die wir nicht wirklich großen klinischen Nutzen finden können.
Es gab viele, viele Interpretationen der Abhandlung über kälteverursachte Schäden. Wir sind der Auffassung, dass der richtige Ansatz, das Werk zu verstehen und zu interpretieren, darauf gründen muss, was dieses Buch tatsächlich ist. Dies kann nur durch einen Blick auf den Text selbst gewürdigt werden und nicht durch die Lektüre dessen, was andere darüber geschrieben haben, auch nicht durch das Vorwort, das mit ziemlicher Sicherheit Hunderte von Jahren nach dem Text selbst verfasst und hier nicht übersetzt wurde. Die Betrachtung des Textes macht deutlich, dass die Abhandlung über kälteverursachte Schäden im Kern eine Transkription der Grundlagen der Behandlung bestimmter Krankheitsarten am Krankenbett ist, nebst klinischen Glanzlichtern und gelegentlichen Fragen und Antworten zwischen Schülern und Meistern. Sie scheint nicht als etwas konzipiert worden zu sein, das systematisch geplant wurde. Das ist der Grund, warum wir für die Übersetzung des Schriftzeichens 論 lùn in ihrem Titel „Discussion“ statt „Abhandlung“ bevorzugen.
Woraus diese Übersetzung besteht und warum
Mit diesem Buch möchten wir Therapeuten helfen, die Zielsetzung und klinische Anwendung der Abhandlung über kälteverursachte Schäden zu verstehen. Der Kern des Buches ist eine Übersetzung der 398 Hauptabschnitte der Song-zeitlichen Ausgabe, mit folgenden Themen: tài yáng, yáng míng, shào yáng, tài yīn, shào yīn, jué yīn sowie plötzlicher Tumult, Yin-Yang-Austausch und Rückfall nach Genesung aufgrund von Auszehrung.
Es gibt viele Möglichkeiten, den Text zu ordnen und zu behandeln. Wir haben die ursprüngliche Reihenfolge der Song-zeitlichen Ausgabe beibehalten und sie nicht neu angeordnet. Dies ermöglicht es den Lesern, sich dem Werk so zu nähern, wie es die meisten Menschen im letzten Jahrtausend getan haben. Darüber hinaus müsste jede Umstrukturierung auf einem bestimmten Verständnis dessen beruhen, worum es in diesem Buch geht. Wir halten es für sinnvoll, dass Änderungen der Reihenfolge oder der Gliederung der Abschnitte von den Lesern selbst vorgenommen werden sollten, nachdem sie zu ihrem eigenen Verständnis des Textmaterials gelangt sind.
Stellenwert des Buches in der traditionellen ostasiatischen Medizin
Die Abhandlung über kälteverursachte Schäden nimmt zwar in der Chinesischen Medizin seit mindestens einem Jahrtausend einen wichtigen Platz ein, doch die Art und Weise, wie sie betrachtet und bewertet wurde, hat sich (vor allem im letzten Jahrhundert) stark verändert. Dies gilt vor allem für die letzten rund sechzig Jahre seit der Etablierung der relativ standardisierten Herangehensweise an die traditionelle Medizin in China, die als „TCM“ bezeichnet wird und quasi als „Lehrbuchvariante“ der traditionellen Chinesischen Medizin verstanden werden kann. Zu manchen Zeiten gab es lediglich Lippenbekenntnisse zu ihrer Bedeutung, und obwohl dieses Werk immer Teil des Curriculums war, wurde die direkte Anwendung in der klinischen Praxis weitgehend ignoriert. Dies hat sich in den letzten dreißig Jahren dramatisch verändert. In dieser Zeit ist es zu einem Kernbestandteil der Bewegung der „klassischen Rezepturen“ (經方 jīng fāng) geworden.
In Japan und Korea ist die Situation ganz anders. Dort waren Rezepturen aus der Abhandlung über kälteverursachte Schäden zumindest in den letzten Jahrhunderten die Grundlage der Arzneimittelpraxis. Ein sehr hoher Prozentsatz der Rezepturen in der offiziellen japanischen Kampo-Rezepturensammlung stammt aus diesem Werk. Dennoch stützt sich das vorliegende Buch aufgrund unserer beschränkten Sprachkenntnisse ausschließlich auf chinesische Quellen. Die wenigen japanischen Kommentare, die wir berücksichtigt haben, stammen aus Büchern, die auf Chinesisch veröffentlicht wurden.
Seit mindestens dem 10. Jahrhundert ist die Abhandlung über kälteverursachte Schäden die Grundlage dafür, wie mit äußerlich zugezogenen Krankheiten in der Chinesischen Medizin umgegangen wird. Dieser Ansatz, der auf der Vorstellung basiert, dass diese Krankheiten hauptsächlich auf das Eindringen pathogener Einflüsse von Wind und Kälte zurückzuführen sind, ist zwar sehr nützlich, aber kein Allheilmittel. Daher wurde im Lauf der Jahrhunderte eine Vielzahl weiterer Ansätze entwickelt, die andere pathogene Einflüsse wie etwa Wärme, Trockenheit, Feuchtigkeit oder deren Kombinationen als die Hauptakteure bei diesen Krankheiten auffassten. Bis zum 18. Jahrhundert hatten sich diese Unterschiede in verschiedenen „Schulen“ oder „Strömungen“ von Ansätzen zur Behandlung äußerlich zugezogener Störungen formal niedergeschlagen.
In der Moderne gibt es Therapeuten und Experten, die eine klare Trennung zwischen denen vornehmen, die sich auf die Rezepturen von Zhang Zhong-Jing beziehen (in China als die Schule der „klassischen Rezepturen“, 經方 jīng fang, bekannt) und denjenigen, die im Rahmen anderer Ansätze arbeiten, die gemeinhin als Schule der „zeitgenössischen Rezepturen“ (時方 shí fāng) oder häufiger noch als Schule der „Wärme-Pathogen-Erkrankungen“ (溫病 wēn bìng) bezeichnet werden. Dieser Unterschied entbehrt zwar nicht der Grundlage, aber er sollte auch nicht übertrieben herausgestellt werden. Viele, wenn nicht alle Ärzte, denen im Nachhinein die Entwicklung der moderneren Herangehensweise an Wärme-Pathogen-Erkrankungen zugeschrieben wurden, waren selbst tief in den Werken von Zhang Zhong-Jing verwurzelt und verwendeten sie häufig. Beispielsweise gibt es Fallgeschichten über die Verwendung von Dekokt mit Cinnamomum (guì zhī tāng) durch Wu Ju-Tong, der die Systematische Differenzierung von Wärme-Pathogen-Erkrankungen verfasste, eines der einflussreichsten Bücher über Wärme-Pathogen-Erkrankungen. Später hielt Lei Feng, Verfasser der Abhandlung über saisonale Erkrankungen, eines Werkes über Wärme-Pathogen-Erkrankungen, seine Schüler dazu an, sich gründlich mit der Abhandlung über kälteverursachte Schäden vertraut zu machen. Das bedeutet, dass es auch heute noch wichtig ist, sich mit der Abhandlung über kälteverursachte Schäden auszukennen, unabhängig davon, von welchem Ansatz man bei der Behandlung äußerlich zugezogener Erkrankungen ausgeht.
Wichtige Hintergrundfragen
Was genau ist „Kälte-Schädigung“ (傷寒 shāng hán)?
Mindestens seit der Han-Dynastie hat der Begriff „Kälte-Schädigung“ (傷寒 shāng hán) zwei Grundbedeutungen:
In Kapitel 31 von Grundlegende Fragen heißt es: „Alle Hitze-Erkrankungen gehören zur Kategorie von Kälte-Schädigung“. Daher wurde zu der Zeit, als die Abhandlung über kälteverursachte Schäden geschrieben wurde, und auch noch einige Zeit danach jede Art von äußerlich zugezogener Krankheit als eine Form von Kälte-Schädigung angesehen.
Zudem bezog sich der Begriff „Kälte-Schädigung“ mindestens seit der Zeit der Abhandlung über kälteverursachte Schäden und vermutlich auch schon eine ganze Weile davor auf eine bestimmte Form von äußerlich zugezogener Erkrankung, nämlich diejenige, die in erster Linie durch Kälte bedingt ist. Beispielsweise heißt es in Kapitel 58 aus dem Klassiker der Schwierigkeiten, dass es mehrere Arten von (allgemeiner) Kälte-Schädigung gibt, von denen eine der (spezifische) Kälte-Schaden sei. Eine andere Art von Kälte-Schädigung wird sowohl in Kapitel 58 aus dem Klassiker der Schwierigkeiten als auch sehr häufig in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden selbst erwähnt, nämlich 中風 zhòng fēng oder ‚Wind-Schlag“. Die grundlegenden Unterschiede zwischen Kälte-Schädigung und Wind-Schlag werden in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden erläutert.
Es ist erwähnenswert, dass sowohl in Kapitel 58 aus dem Klassiker der Schwierigkeiten als auch in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden eine weitere Variante äußerlich zugezogener Krankheiten angesprochen wird: Wärme-Erkrankungen 溫病 wēn bìng. Dies wird als Tài-yáng-Erkrankung mit Fieber und Durst, aber ohne Frösteln beschrieben. Im Text selbst ist keine Behandlung angegeben, sondern es wird lediglich aufgeführt, was bei unsachgemäßer Behandlung falsch laufen kann. Es ist unmöglich zu wissen, ob dies daran liegt, dass Zhang Zhong-Jing keine Behandlung für diese Art von Problem hatte, oder ob dieser Teil seiner Schrift verloren gegangen ist (was viel wahrscheinlicher ist). Viel später bemühten sich Therapeuten, diese Lücke zu füllen, was zur Entstehung der sogenannten „Schule der Wärme-Pathogen-Erkrankungen“ führte.
Terminologie
Es gibt viele zulässige und nützliche Herangehensweisen an Übersetzungen, selbst zwischen so unterschiedlichen Sprachen und Kulturen wie dem alten China und der modernen englischsprachigen Welt. Der Ansatz, die wir bevorzugen, zielt darauf ab, unseren Text für unsere Leser so zugänglich zu machen, wie es die Originaltexte für ihre Leser waren. Dabei folgen wir dem renommierten Linguisten, Pädagogen und Wissenschaftler Yuen Ren Chao (20. Jahrhundert), der schrieb: „Ich ziehe es vor, einen vertrauten Begriff mit einer Warnung vor ungerechtfertigten Schlussfolgerungen zu verwenden, anstatt ungebräuchliche Begriffe zu benutzen, die zwar vor Missverständnissen geschützt sind, jedoch auch davor, verstanden zu werden.“ Oftmals gelingt uns dies nicht, aber wir sind der Auffassung, dass diese Zielsetzung dazu beiträgt, dieses Buch relativ gut lesbar und daher nützlicher zu machen.
Das Herzstück dieses Buches ist eine Übersetzung eines Textes aus dem 3. Jahrhundert und umfasst Übersetzungen von Kommentaren aus den letzten tausend Jahren, zusammen mit unseren eigenen Gedanken. Angesichts dieser Zeitspanne von fast 1800 Jahren gibt es mit Sicherheit diachrone Probleme, d. h., das gleiche Wort hat im Lauf dieser Zeit erheblich unterschiedliche Bedeutungen oder Bedeutungsschattierungen. Wir folgen dem Ansatz, wann immer möglich die Terminologie zu verwenden, die dem ursprünglichen Verständnis dieser Wörter weitestgehend entspricht. Selbstverständlich müssen wir auch beachten, dass individuelle Autoren manchmal ihr eigenes, anderes Verständnis von der Bedeutung eines bestimmten Begriffs hatten.
Beispiele für terminologische Fragen
Das Hauptbeispiel in der vorliegenden Übersetzung ist der Begriff 臟腑 zàng fǔ. In den meisten Büchern, an denen wir mitgearbeitet haben, haben wir für zàng fǔ den allgemeinen Begriff „Organe“ verwendet, wobei 臟 zàng mit Yin-Organen und 腑 fǔ mit Yang-Organen übersetzt wird. In gewisser Weise spiegelt dies ihr halb-abstraktes Wesen in den meisten modernen Auffassungen wider. Es ist jedoch klar, dass diese Begriffe für die meisten Menschen in der langen Geschichte der Medizin in Ostasien nicht für funktionelle Gebilde stehen, sondern für tatsächliche Organe aus Fleisch und Blut. Eine gängige Übersetzung ist „viscera“ [dt. „Eingeweide, Innenorgane“] für 臟 zàng und „bowels“ [dt. „Eingeweide, Gedärm“] für 腑 fǔ. Der Begriff „bowels“ ist jedoch unpassend, da er sich in allen medizinischen Kontexten auf die Gedärme, oder genauer auf die Gedärme distal des Magens bezieht. Es ist schwer vorstellbar, wie man die Gallen- oder Harnblase (oder auch die Gebärmutter, die ein außerordentliches 腑 fǔ ist) als Gedärm bezeichnen kann. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, 腑 fǔ mit „receptacle“ [dt. „Behälter] zu übersetzen, eine Übersetzung, die uns zuerst von unserem verstorbenen Freund und Kollegen Charles Chace vorgeschlagen wurde.
Dennoch ist die Verwendung der Begriffe „Eingeweide“ und „Behälter“ nicht immer angemessen oder zuweilen unnötig schwerfällig, weshalb wir je nach Kontext das Wort „Organe“ für 臟腑 zàng fǔ benutzen. Ein Beispiel wäre die Gegenüberstellung des Äußeren (wie Muskelschicht und Oberfläche) und des Inneren: Hier ist der Ausdruck „Organe“ klarer und einfacher als „Eingeweide und Behälter“. Ein weiteres Beispiel ist der Ausdruck 藏結 zàng jié, den wir mit „Organ-Verklumpung“ übersetzen. Hier bezieht sich der Begriff 藏 zàng nicht auf die fünf Eingeweide im Besonderen, sondern ist eher ein Oberbegriff wie „Innereien“, weshalb ein allgemeiner Begriff wie „Organe“ gut passt.
Bei einem Werk wie der Abhandlung über kälteverursachte Schäden gibt es noch ein weiteres Problem. Wie der Leser sehen wird, gibt es unter den Kommentatoren heftige Debatten darüber, was die verschiedenen Wörter bedeuten, sodass man in gewisser Hinsicht dafür plädieren könnte, viele Begriffe auf unterschiedliche Weise zu übersetzen, je nach Auffassung der unterschiedlichen Autoren. Dieser Ansatz ist zwar vertretbar, aber wir halten ihn nicht für ratsam, da der Leser dadurch das Gefühl für die Kontinuität der Wörter, um die es in den Kommentaren geht, verlieren würde. Manchmal ist dies jedoch unvermeidbar.
Das Paradebeispiel für dieses Problem ist vielleicht das Wort 經 jīng, wie in dem häufig verwendeten Begriff 六經 liù jīng, mit dem die Gesamtgliederung des Werkes bezeichnet wird. Es ist wichtig, daran zu denken, dass in den Kapitelüberschriften immer das Wort „Erkrankung“ 病 bìng, nie 經 jīng verwendet wird. Das heißt, es wird auf Tài-yáng-Erkrankungen (太陽病 tài yáng bìng) Bezug genommen, aber der Begriff Tài-yáng-Kette (太陽經 tài yáng jīng) kommt nicht vor.
Das Schriftzeichen 經 jīng selbst kommt 19 Mal in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden vor, bezieht sich aber nur in 13 Fällen (in acht Abschnitten) auf Aspekte von Kälte-Schädigungs-Störungen. Die häufigste Verwendung bezieht sich auf ein Pathogen, das entweder durch ein jīng hindurchgeht, ein jīng umgeht oder zu einem jīng gelangt. Bemerkenswerterweise wird im Text nie erläutert oder ausgeführt, was genau ein jīng ist, was zu einigen Diskussionen im Lauf der Jahrhunderte geführt hat.
Das Wort selbst hat eine Vielzahl von Bedeutungen, die häufig, aber nicht immer, leicht auseinanderzuhalten sind. Es kommt in den Titeln von Büchern klassischer oder kanonischer Bedeutung vor (wie etwa Innerer Klassiker, 內經 Nèi jīng), bezieht sich auf Leitbahnen, die durch den Körper fließen (Leitbahnen und Gefäße 經脈 jīng mài, Leitbahnen und Netzwerke 經絡 jīng luò usw.), auf die Menstruation oder das Menstruationsblut (月經 yuè jīng, 經水 jīng shuǐ) und so weiter. Die Verwendung von 經 jīng, die im Hinblick auf dieses Werk von besonderem Interesse ist, sind die sechs 六經 liù jīng, auch wenn jener Begriff selbst in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden nicht vorkommt.
Was die sechs jīng bedeuten, war mindestens in den letzten 1000 Jahren in China Gegenstand heftiger Debatten, seit der Autor Zhu Gong in Nach Krankheitsmustern geordnetes Buch zum Schutz des Lebens behauptete, dass dieses Wort ein Äquivalent für die in der Akupunktur verwendeten Leitbahnen sei. In einer kürzlich erschienenen Übersicht von Qu Yue-Yun werden neun vormoderne und 30 moderne Ansätze zum Verständnis dieses Begriffs im Kontext der Abhandlung über kälteverursachte Schäden beschrieben. Wir führen im Folgende einige von ihnen auf, zusammen mit den Namen der Autoren, die mit ihnen in Verbindung stehen, um das Spektrum der Möglichkeiten aufzuzeigen, die Probleme bei der Übersetzung von 經 jīng herauszustellen und einige gängige Lesarten zu veranschaulichen. Hier sind einige der Definitionen:
• Leitbahnen im Zusammenhang mit den Akupunkturleitbahnen (Zhu Gong). In der Regel, aber nicht immer, wird nur auf die Bein-Leitbahnen Bezug genommen.
• Körperregionen (Ke Qin), zum Beispiel: „Innerlich von Herz und Thorax bis zum Magen und Darm, äußerlich erreicht es die Stirn und geht vom Gesicht zum Bauch und weiter hinunter zu den Füßen der Yáng-míng-Oberfläche“ (Anthologie für die Wiederbelebung der Kälte-Schädigung).
• Ministerien, ähnlich denen eines Staates (Fang You-Zhi), wobei jedes Ministerium für den Umgang mit dem Pathogen verantwortlich ist, wenn es einen bestimmten Teil des Körpers, manchmal eine Schicht, manchmal ein bestimmtes Eingeweide erreicht hat. „Das tài yīn ist die Milz. Die Milz beherrscht die Mitte und regelt Dinge, weshalb sie nach dem shào yáng kommt und das erste der drei Yin ist, die [das Pathogen] empfängt“ (Unterscheidung der Abschnitte der Abhandlung über kälteverursachte Schäden).
• Körperschichten (Yu Gen-Chu), wobei jede Schicht eine Art von Gewebe darstellt und sowohl eine Leitbahn als auch einen inneren Anteil aufweist. Beispielsweise beherrscht die Shào-yīn-Leitbahn die Blutgefäße, während das innere Shào-yīn-Areal den Unterbauch beherrscht (Verbreiteter Leitfaden zur Abhandlung über kälteverursachte Schäden).
• Stadien pathologischer Veränderung (der moderne Autor Guo Zi-Guang); beispielsweise ist das tài yáng der Verlust der Regulierung von Yin/Yang in den oberflächlichen Körperschichten; das yáng míng befindet sich im Inneren und hängt in der Regel mit Thorax, Magen und Darm zusammen; und das shào yáng steht für halb-innere/halb äußere Erkrankungen, die normalerweise mit der Gallenblase und dem Dreierwärmer zusammenhängen.
Es gibt viele andere Definitionen, aber die meisten hängen mit dem Fortschreiten einer äußerlich zugezogenen Krankheit durch die verschiedenen Schemata, in denen die Körperstrukturen angeordnet werden, zusammen. Daher kommt unsere Übersetzung von „stages“ [dt. „Stadien“] in früheren Werken. Selbstverständlich gibt es neben „stage“ im Englischen eine Reihe unterschiedlicher Übersetzungen dieses Begriffs im Kontext der Abhandlung über kälteverursachte Schäden, etwa Leitbahn, Bestätigung, Schicht, Manifestationstyp und Meridian.
Unsere Aufgabe ist es hier, einen Begriff für 經 jīng zu finden, der für diese Vielzahl von Bedeutungen und Schlussfolgerungen über die Zeiten und Interpretationen hinweg stehen kann. Wir haben uns für den Begriff „warp“ [dt. „Kette“] entschieden, auf den wir erstmals in wissenschaftlichen Arbeiten gestoßen sind. Die Kernbedeutung dieses Begriffs stammt aus der Webkunst: die Längsfäden auf einem Webstuhl, über und unter denen die anderen Fäden (der Schuss) hindurchgeführt werden, um Stoff herzustellen. Das heißt, sie sind die organisierenden Fäden, um die herum der ganze Rest des Gewebes aufgebaut ist. Dies ist ein sehr geeignetes Konzept für unsere Zwecke, da diese Art zu denken im frühen China sehr wichtig war. Es ist hier besonders nützlich, weil es klar ist, dass was auch immer man im Kontext der Abhandlung über kälteverursachte Schäden mit den Ketten meint, sie als die organisierenden Strukturen/Kräfte/Schichten für die in diesem Werk besprochenen Diagnosen und Behandlungen betrachtet werden. Wir finden diesen Begriff auch deshalb gut, weil er bis zu einem gewissen Grad vage ist und daher für eine Vielzahl von Interpretationen verwendet werden kann. Wir glauben, dass diese Kontextabhängigkeit die Verwendung dessen, was Y. R Chao als „ungebräuchlichen Begriff“ bezeichnete, akzeptabel macht.
Der Leser sei auf Anhang 2 verwiesen, der ein Glossar ungebräuchlicher Begriffe oder Übersetzungen, die in diesem Buch verwendet werden, enthält.
Was jeder Eintrag enthält
Haupttext & Übersetzung
Das Herzstück dieses Buches ist eine Übersetzung der Abhandlung über kälteverursachte Schäden selbst. Im Großen und Ganzen ist dies eine unproblematische Angelegenheit. Jeder Eintrag beginnt mit dem Text des Abschnitts in traditionellen Schriftzeichen, dessen Interpunktion fast immer im Einklang mit einer modernen Standardversion des Textes, herausgegeben von einem Team unter Leitung unserer geschätzten Lehrerin Nie Hui-Min 聶惠敏, steht. Es gibt etwa 15 Abschnitte, in denen wir nicht der Standardlesart folgen, dies aus einer Vielzahl von Gründen, die in unseren Kommentaren zu diesen Abschnitten erläutert werden. Manchmal ist ein Unterschied bei der Satzgliederung Teil der Meinungsverschiedenheit, weshalb die Interpunktion anders ist als die in Dr. Nies Text.
Darauf folgt eine Übersetzung ins Englische [bzw. Deutsche]. Unsere Herangehensweise an die Übersetzung wurde weiter oben beschrieben.
Erläuterung
Diese Rubrik enthält eine möglichst stichhaltige Erläuterung des Textes und seiner Bedeutung. Wenn der Text in einem Abschnitt einfach zu verstehen ist, mag diese Rubrik nichts weiter als eine leicht erweiterte Version der Übersetzung sein. Häufiger berührt die Erläuterung jedoch einige Hintergrundfragen und die spezifische klinische Relevanz dieser Textstelle.
Rezepturen und ihre Erläuterungen
In den Abschnitten, die Rezepturen enthalten, fügen wir das chinesische Original, eine Übersetzung der Bestandteile und Zubereitungsanweisungen, eine Beschreibung, wie die Rezeptur derzeit in China am häufigsten zubereitet wird (in eckigen Klammern) und eine kurze Erläuterung unseres Verständnisses der Rezepturzusammensetzung, die in der Regel mit modernen Lehrbüchern übereinstimmt, bei.
Die Zubereitungsmethoden werden hier dargestellt, damit die Leser sowohl die Vorgehensweise zu der Zeit, als die Abhandlung über kälteverursachte Schäden geschrieben wurde, als auch die gängigsten modernen Richtlinien nachvollziehen können. Diese Richtlinien sind keine Vorschriften, da es bei der Zubereitung von Rezepturen eine echte Vielfalt gibt, die von persönlichen Auffassungen und Gewohnheiten, geografischen Vorlieben und anderen Faktoren abhängen. Auch wir selbst bereiten die Rezepturen nicht immer so zu, wie es hier beschrieben wird. Diese Richtlinien sind jedoch als Hintergrund und Maßstab von Nutzen.
Dieses Buch ist keine Rezeptsammlung. Daher sind unsere Erläuterungen der Rezepturen kurz gehalten und stellen nur das absolute Minimum an Informationen dar, die für das Verständnis der Rezepturzusammensetzung notwendig sind. Dies dient als Grundlage für ihre Anwendung in der klinischen Praxis. Auch wenn die Anwendung vieler Rezepturen in diesem Buch im Lauf der Zeit erweitert wurde, sodass es mittlerweile ganze Bücher darüber gibt, wie man ihre Anwendung auf ein großes Spektrum von Beschwerden ausdehnen kann, konzentrieren wir uns darauf, wie die Rezepturen im Kontext der jeweiligen Abschnitte in der Abhandlung über kälteverursachte Schäden, in denen sie erwähnt werden, verwendet werden.
Es gab in letzter Zeit viele Diskussionen über die „korrekten Dosierungen“ von Rezepturen in den Werken von Zhang Zhong-Jing. Seit mindestens der späten Ming-Zeit lautet die generelle Faustregel, dass ein Han-zeitliches liǎng einem Ming-zeitlichen qián oder ca. 3 g entspricht. Auf der Grundlage jüngster archäologischer Forschung und in dem Bestreben nach innerer Kohärenz (Gypsum fibrosum [shí gāo] in Hühnereigröße usw.) gibt es wachsende Anhaltspunkte dafür, dass die ursprünglichen Dosierungen viel höher waren, sodass ein Han-zeitliches liǎng ~15 g entspricht. Für uns ist dies jedoch vor allem ein theoretisches Problem. Mindestens seit den letzten 500 Jahren und vermutlich in allen Fallgeschichten der letzten 1000 Jahre, die wir gesammelt haben, entspricht die im Text verwendete Dosis von 1 liǎng ~3 g. Das bedeutet, dass fast der gesamte, uns zugängliche Erfahrungsschatz eine Dosierung in diesem Rahmen verwendet, und daher sollten wir ihm im Allgemeinen folgen. Dennoch denken wir, dass die Möglichkeit einer enger am Original orientierten höheren Dosierung uns daran erinnern sollte, dass wir eine höhere Dosierung ausprobieren können, wenn unsere „normale“ Dosierung nicht wirkt. Mehr Informationen über die Beziehung zwischen alten und modernen Maßeinheiten finden sich in Anhang 1: Maßeinheiten.
Ausgewählte Kommentare
Eines der besonderen Merkmale dieses Buches ist es, dass wir zu jedem Abschnitt eine Auswahl übersetzter Kommentare zur Verfügung stellen – in der Regel ohne unseren eigenen Kommentar. Der Leser wird feststellen, dass es sehr häufig unterschiedliche Auffassungen nicht nur über die Bedeutung eines bestimmten Abschnitts gibt, sondern gelegentlich auch darüber, was der Text eigentlich aussagt. Wir haben diese übersetzt, anstatt sie auf eine Zusammenfassung zu reduzieren, sodass der Leser die Informationen direkt aus erster Hand erhält. Das Ergebnis ist zuweilen ein bisschen unklar, aber wir sind der Auffassung, dass diese Methode lohnenswert ist – zum einen, weil sie die Vielfalt der Herangehensweisen und des Hintergrundwissens widerspiegelt, die an diesen Text herangetragen wurden, aber auch, weil sie dem Leser ein Gefühl dafür vermittelt, wie die Kommentare in China geschrieben und verstanden wurden. Im Großen und Ganzen haben wir es vermieden, die Kommentare zu erläutern, aber gelegentlich haben wir einige Klarstellungen eingefügt. Auch diese sind im Text durch eckige Klammern abgesetzt.
Die meisten Kommentare wurden aus einem Lehrbuch aus den späten 1980er Jahren entnommen, das nach wie vor unsere bevorzugte Quelle ist, aber weitere wurden aus einer Vielzahl anderer Quellen hinzugefügt. Diese Auswahl von Kommentaren ist in keinster Weise endgültig oder allumfassend, aber sie gibt dem Leser einen zusätzlichen Einblick darin, wie die Abhandlung über kälteverursachte Schäden in den letzten 1000 Jahren verstanden und genutzt wurde, und bietet eine dreidimensionale Sicht auf einige der Kontroversen.
Erörterung
Dies ist die Rubrik, in der wir (hauptsächlich Ma) unsere eigenen Gedanken über verschiedene Aspekte des jeweiligen Abschnitts darlegen. Dabei kann es sich um inhaltliche Fragen handeln oder um solche, die mit verschiedenen Textinterpretationen zusammenhängen. aber meist geht es um bestimmte klinische Schlussfolgerungen des Abschnitts. Diese Kommentare stammen aus Mas mehr als 50-jähriger Beschäftigung mit diesem Werk in der klinischen Praxis sowie dem, was er von verschiedenen Lehrern gelernt hat. Der Beitrag der eigenen Gedanken zu der langen Reihe von Kommentatoren ist eine wichtige Art und Weise, an der Tradition teilzuhaben und sie lebendig zu halten.
Fallgeschichten
Wenn möglich, haben wir den entsprechenden Abschnitten Fallgeschichten hinzufügt. Unser Ziel war es, entweder den Text selbst oder die Schlussfolgerungen des Textes für die klinische Praxis zu beleuchten. Zum Beispiel ist die Abhandlung über kälteverursachte Schäden fast ausschließlich ein Buch, das sich mit äußerlich zugezogenen Krankheiten befasst, und zwar meist relativ akuten Krankheiten, deren Pathodynamik jedoch bei einem breiten Spektrum von Störungen auftreten kann. Deshalb sind die Rezepturen für weit mehr als nur akute, äußerlich zugezogene Störungen von Nutzen. In diesem Buch haben wir die Fallgeschichten auf solche beschränkt, die eine klare Verbindung zum Text aufweisen, sodass sie den Text beleuchten und umgekehrt.
Aus einem ähnlichen Grund haben wir Fallgeschichten auf solche beschränkt, in denen nur die Rezeptur aus dem jeweiligen Abschnitt oder eine Rezeptur mit nur geringfügigen Modifikationen (meist mit nicht mehr als drei zusätzlichen Bestandteilen) verwendet wird. Dies hat ebenfalls den Grund zu zeigen, wie die entsprechende Rezeptur verwendet werden kann, um dem Text eine weitere Bedeutungsebene hinzuzufügen. Dies wäre beispielsweise nicht möglich, wenn man Fallgeschichten einbezieht, in denen einer Rezeptur mit ursprünglich sechs Bestandteilen acht Zutaten hinzugefügt werden.
Das Zusammentragen dieser Fallgeschichten war aus einer Vielzahl von Gründen eine schwierige Angelegenheit. Der wichtigste Grund hat damit zu tun, warum die Fallgeschichten überhaupt aufgezeichnet wurden, nämlich um mit den Fähigkeiten des Therapeuten anzugeben, um zu demonstrieren, dass er ein ungewöhnlich tiefes Verständnis für ein Problem hatte, oder um zu zeigen, wie eine Rezeptur in einer ungewöhnlichen Situation verwendet werden kann. Aus diesem Grund gibt es fast keine Aufzeichnungen über ganz normale Fälle. Beispielsweise würde niemand eine Fallgeschichte veröffentlichen, in der eine Frau mit akutem Fieber, Frösteln, Schwitzen und einem oberflächlichen, entspannten Puls erfolgreich mit Dekokt mit Cinnamomum (guì zhī tāng) behandelt wurde. Solch eine Fallgeschichte wäre zu gewöhnlich, um eine Aufzeichnung zu verdienen.
Ein weiterer Grund ist, dass die Leser der Abhandlung über kälteverursachte Schäden durch die Jahrhunderte hindurch, wie bei jeder Art von klassischem oder kanonischem Werk, in gewisser Hinsicht Rosinenpickerei betreiben. Während manche Abschnitte aus den verschiedensten Gründen häufig als Grundlage der klinischen Praxis zitiert werden, werden andere ignoriert. Es ist sehr schwierig, für diese Abschnitte Fallgeschichten zu finden; manchmal gibt es auch nur spärliche Kommentare dazu.
Wir möchten uns bei Wang Hui-Wu 王輝武, einem Kollegen von Ma aus Chongqing, bedanken, der in den frühen Stadien dieses Projekts so freundlich war, uns einige Fallgeschichten zu schicken. Manche von ihnen kamen aus recht unbekannten Quellen, die wir ansonsten nicht gefunden hätten.
Wie dieses Buch benutzt werden kann
Dieses Buch wurde für ernsthafte Studierende und Therapeuten der traditionellen ostasiatischen Medizin verfasst, die sich mit der Abhandlung über kälteverursachte Schäden auseinandersetzen möchten, um ihr Wissen über die Tradition zu vertiefen und dadurch die Komplexität der klinischen Begegnung besser zu bewältigen. Dieser wichtige Klassiker kann für den modernen Leser eine Herausforderung darstellen, und es kann schwierig sein herauszufinden, wie er zu benutzen ist. Hier einige Vorschläge, die dabei helfen, mit diesem Buch zu interagieren.
Erstens müssen wir bei einem Werk wie diesem das Offensichtliche hervorheben: Man beginne mit der Lektüre des Quellentextes selbst zu Beginn eines jeden Eintrags. Um wirklich das Beste aus klassischen Texten herauszuholen, ist es wichtig, dass sich der Leser mit ihrer Sprache und ihrem Tonfall vertraut macht und sich daran gewöhnt. Auch wenn dies zunächst etwas seltsam und sogar verwirrend erscheinen mag, rückt es mit der Zeit und ein wenig Ausdauer allmählich in den Fokus. Wir hoffen, dass unsere Übersetzung diesen Prozess beschleunigt.
Erst nach der Beschäftigung mit dem Quellentext selbst sollte man zu der folgenden Erläuterung übergehen. Zusätzlich zur Erläuterung der Gesamtbedeutung des Abschnitts geben wir auch einige Hintergrundinformationen und klären Aspekte, die möglicherweise nicht geläufig sind. Nach Lektüre der Erläuterung kann es nützlich sein, sich wieder dem Quellentext zuzuwenden und sich die originale Textstelle selbst noch einmal anzuschauen. Die Lektüre eines Klassikers ist stets ein immer wieder auf die Quelle zurückgehender Prozess, der am besten funktioniert, wenn man verschiedene Interpretationen betrachtet und dann wieder zum Quellentext zurückkehrt und ihn nochmals mit einem umfassenderen Verständnis liest.
In denjenigen Abschnitten, die eine Rezeptur enthalten, besteht der nächste Schritt darin, sich die Rezeptur anzuschauen und den obigen Prozess zu wiederholen. Man lese die Liste der Bestandteile und die Zubereitungsmethode sowie unsere Erläuterung der Rezeptur, und dann gehe man noch einmal zum Quellenabschnitt zurück, um zu sehen, wie sich der Text und die Rezeptur gegenseitig beleuchten. Dies hilft nicht nur dabei, sich an den Inhalt der Rezeptur zu erinnern, sondern verbindet die im Text besprochene Pathodynamik oder andere Themen mit der Rezeptur und umgekehrt. Wenn man diese beiden Aspekte mit Bedacht einsetzt, hilft dies, das Verständnis zu vertiefen. Die Dynamik der Rezeptur kann verwendet werden, um den Quellentext zu verstehen, und hilft dabei, Entscheidungen über die Bedeutung bestimmter Zeichen und Symptome zu treffen. Gleichzeitig kann die im Quellentext beschriebene Pathodynamik dazu beitragen, um die mit der Rezeptur verknüpften Wirkmechanismen besser zu verstehen.
Um tiefer in das Verständnis des Textes und seine Anwendung im letzten Jahrtausend einzutauchen, sollte man als Nächstes die Kommentare und die Erörterung lesen. Auch wenn es vielleicht verlockend ist, direkt zur Erörterung zu springen, um leichter verdauliche und eindeutig praktische Informationen zu erhalten, raten wir in den meisten Fällen dazu, besser zuerst die Kommentare durchzulesen. Sie bieten nicht nur Einblicke von erfahrenen Klinikern und Gelehrten aus den letzten mehr als tausend Jahren, sondern öffnen auch ein Fenster in die Komplexität des Textes. Sie geben uns die Möglichkeit, in den Gedankenstrom einzutauchen, der seit seiner Abfassung in der Han-Zeit von diesem Text ausgegangen ist. Nicht selten zeigen die Kommentare, dass die Meinungen über die Bedeutung eines Abschnitts oder die Anwendung eines bestimmten Konzepts oder einer Rezeptur oftmals recht unterschiedlich und sogar entgegensetzt waren. Dies beweist, dass die Tradition immer lebendig war, und ist ein deutliches Zeichen dafür, dass man sich davor hüten sollte, sich hartnäckig auf das konventionelle Verständnis zu verlassen, wenn man sich einem Text (oder einem Patienten) nähert.
Wenn man, in dieser Reihenfolge vorgehend, schließlich die Rubrik „Erörterung“ erreicht, wird man in der Lage sein, das, was wir zu sagen haben, in den Kontext einzuordnen. Hier fügen wir unsere eigenen Einsichten hinzu, um das Verständnis des Textes (und manchmal der Tradition) zu verbessern, und geben gelegentlich auch klinische Hinweise.
Es gibt eine Reihe von Fallgeschichten, die die Anwendung der Rezepturen im Text veranschaulichen. Diese Fallgeschichten können zwar auf verschiedene Weise genutzt werden, aber wie bei allem in diesem Buch zieht man wohl den größten Nutzen daraus, wenn man sich zuvor eingehend mit dem Quellentext beschäftigt hat. Wenn man die Fallgeschichte zu Ende gelesen hat, kehre man zur Quelle zurück, um das Verständnis des Abschnitts und das Wissen, wie dieses Verständnis in der klinischen Praxis angewendet werden kann, zu vertiefen.
Das Werk muss nicht von Anfang bis Ende gelesen werden, und die Abschnitte müssen nicht in der angegebenen Reihenfolge gelesen werden. Da wir die Abhandlung über kälteverursachte Schäden als klinisches Handbuch am Krankenbett verstehen, kann eine sorgfältige Lektüre jedes einzelnen Abschnitts für sich genommen sowie im Kontext des Textes als Ganzes nützliche klinische Einsichten liefern.
Wir denken, dass es auch hilfreich ist, den kurzen Text „Allgemeine Gedanken“ am Ende eines jeden Kapitels zu lesen. Hier geben wir einen Überblick über die wichtigsten Punkte im jeweiligen Kapitel und nennen die unserer Meinung nach bedeutenden klinischen Fragen, die im Text angesprochen werden.
Wer wir sind
Dieses Buch ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Zusammenarbeit zwischen einem hochqualifizierten und erfahrenen Therapeuten aus China und einem Therapeuten aus dem Westen mit einer langen Vorgeschichte als Übersetzer. Eine kurze Einführung in unsere Vita vermittelt dem Leser den Hintergrund, um zu verstehen, was wir in dieses Projekt einbringen und wie man es am besten würdigen und nutzen kann.
Shouchun Ma
Der Hauptautor dieses Buches ist Shouchun Ma (馬壽椿 Ma Shou-Chun), der im Jahr 1944 in Chengdu geboren wurde. Schon als kleiner Junge interessierte er sich für Medizin, da seine Mutter häufig krank war und er in Grundzüge der Materia Medica nachsah, um ihr zu helfen. Nachdem seine eigene Erkrankung ihn daran gehindert hatte, sich an der Universität zu bewerben, lernte Ma Chinesische Medizin im Selbststudium und begann, an einer Mittelschule in Chongqing zu unterrichten. Im Jahr 1969 hatte er die Möglichkeit, von einem hoch angesehenen Arzt in Chongqing, Shi Ji-Min 施濟民, zu lernen, einem Experten sowohl für Akupunktur als auch für die Abhandlung über kälteverursachte Schäden. Bald bildete sich eine kleine Gruppe von Shis treu ergebenen Schülern. Nach dem Tod von Dr. Shi im Jahr 1973 gründeten Ma und drei der anderen Schüler eine Studiengruppe, die sich bis 1980 jede Woche traf. In dieser Zeit behandelte er auch weiterhin Patienten, wenn er nicht unterrichtete.
Im Jahr 1980 erhielt Ma die Zulassung für das Chengdu College of Traditional Chinese Medicine, das erst einige Jahre zuvor nach der Kulturrevolution wieder seine Pforten für Graduiertenstudierende geöffnet hatte. Ma war einer der sehr wenigen zugelassenen Studierenden, die in einem Meister-Schüler-Verhältnis gelernt hatten, und erhielt in jenem Jahr den einzigen Platz im Masterprogramm „Studien über die Abhandlung über kälteverursachte Schäden.“ Dort hatte er die Gelegenheit, unter drei berühmten Experten der Abhandlung über kälteverursachte Schäden zu arbeiten: Peng Lü-Xiang 彭履祥, Dai Fo-Yan 戴佛延 und Chen Zhi-Heng 陳治恆. Nach seinem Abschluss ging er an das Chongqing Institute of Traditional Chinese Medicine, das hauptsächlich eine klinische Einrichtung mit sowohl stationären als auch ambulanten Abteilungen war. 1988 zog er dann nach Seattle, wo er seither Patienten behandelt und Unterricht gibt. Im Jahr 2006 promovierte er an der China Academy of Traditional Chinese Medical Sciences bei einer führenden zeitgenössischen Expertin und Ärztin in China über die Abhandlung über kälteverursachte Schäden, Nie Hui-Min 聶惠敏.
Durch diese Erfahrungen hat Ma einen außergewöhnlichen Hintergrund im Hinblick auf dieses Werk. Ursprünglich befasste er sich mit diesem Werk mittels eines Lernstils im Meister-Schüler-Verhältnis, wonach er dann einige Zeit in einem akademischen und institutionellen Umfeld verbrachte, mit den damit verbundenen intensiven wissenschaftlichen und klinischen Erfahrungen. Schließlich hat er seit über 30 Jahren in den USA gelebt und praktiziert, sodass er nicht nur eine gute Vorstellung davon hat, wie diese Arzneimittelmethoden bei westlichen Patienten wirken, sondern auch, wie man westlichen Studierenden und Therapeuten am besten helfen kann, diese Informationen zu verstehen und zu nutzen.
Dan Bensky
Der zweite Autor, Dan Bensky, interessierte sich erstmals für Chinesische Medizin, als er im Jahr 1982 in Taiwan lebte. Er begann 1973 ein Studium am Macau Institute of Chinese Medicine, einer Schule, die von der örtlichen Overseas Chinese Association gegründet wurde und deren Lehrkörper sich aus relativ jungen Ärzten zusammensetzte, die ihren Abschluss an TCM-Hochschulen auf dem chinesischen Festland gemacht hatten. Etwa zu der Zeit, als Bensky seinen Abschluss machte, beteiligte er sich an der Übersetzung eines Akupunkturlehrbuchs vom Shanghai College of Traditional Chinese Medicine, das im Jahr 1981 unter folgendem Titel auf Englisch erschien: Acupuncture: A Comprehensive Text. Er hat seine Übersetzungsarbeit in verschiedenen Teams fortgesetzt, die Lehrbücher über Chinesische Arzneimittelmedizin verfassten, und er hat auch die redaktionelle Arbeit bei einer Reihe von Büchern für den Verlag Eastland Press übernommen. Während dieser Zeit führte er eine Praxis, in der er auch mit Chinesischer Arzneimittelmedizin behandelte.
Im Rahmen seiner Ausbildung hatte Bensky nur eine oberflächliche Einführung in die Abhandlung über kälteverursachte Schäden erhalten. In den frühen 1990er Jahren interessierte er sich aus zwei Gründen stärker hierfür. Zum einen hatte er durch seine Übersetzungsarbeit erkannt, dass die Rezepturen in diesem Werk nicht nur für sich genommen sehr wichtig waren, sondern auch die Grundlage für einen hohen Prozentsatz der am häufigsten verwendeten Rezepturen in der zeitgenössischen Chinesischen Medizin darstellten. Er hatte auch das Glück, bei Ma zu studieren und für ihn in Kursen und Workshops zu übersetzen, wodurch die Bedeutung dieses Buches und der darin enthaltenen Rezepturen ins Blickfeld geriet. In gewisser Weise war Benskys relative Unkenntnis des Werkes bei diesem Projekt hilfreich, da sie es ihm ermöglichte, sich dem Text auf unvoreingenommene Weise zu nähern und Ma recht ungewöhnliche Fragen zu stellen.
An diesem Projekt ist ein Autor beteiligt, der seit über 55 Jahren tief aus der Quelle dieses Werkes getrunken und sich eingehend damit beschäftigt hat, und ein weiterer Autor, der diese Medizin seit 45 Jahren praktiziert und ins Englische übersetzt. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede bezüglich unseres Hintergrunds haben es uns ermöglicht, gut zusammenzuarbeiten, allerdings mit einigen kreativen Spannungen, die unserer Meinung nach dieses Buch etwas spannender machen, als es sonst gewesen wäre. Im Text bezieht sich „ich“ oder „mein“ auf Ma, wenn die klinische Erkenntnis allein von ihm stammt. Ansonsten werden die Pronomen „wir“ oder „unser“ verwendet.
Danksagungen
Während der langen Entstehungszeit dieses Projekts haben wir von der Hilfe vieler Menschen profitiert, die uns ihre Zeit und Expertise zur Verfügung gestellt haben. Allen voran ist Craig Mitchell zu nennen, unser Freund, Kollege und Mitdoktorand während unseres Studiums an der China Academy of Chinese Medical Sciences. Er unterstützte uns dadurch, dass er stets bereit und willens zum Gedankenaustausch war und sich die Zeit für die redaktionelle Bearbeitung nahm. Wir haben auch sehr von den Einblicken und Ratschlägen unserer Mentorin und Doktormutter, Nie Hui-Min, profitiert. Als wir ihre Studenten waren, ermahnte sie uns, „wirklich etwas zu tun“, was wir schließlich auch umgesetzt haben. Wir möchten auch den Kollegen danken, die uns wertvolles Feedback zu unserem Manuskript gegeben haben, darunter Steve Clavey, David Cooks, Frances Goodwin, Stuart Kutchins, Greg Livingstone und Volker Scheid. Wir möchten uns auch bei John O’Connor für seine Redaktionsarbeit bedanken, die zur Lesbarkeit unseres Buches beigetragen haben.
Shouchun Ma möchte seinem ursprünglichen Lehrer für Chinesische Medizin in Chongqing, Shi Ji-Min, und seinem Betreuer und anderen Lehrern der Chengdu University of Traditional Chinese Medicine, Peng Lü-Xiang, Dai Fo-Yan und Chen Zi-Heng, danken. Sein Dank geht auch an Dan Bensky für seine Unterstützung, Freundschaft und Ausdauer im Lauf der Jahrzehnte, die es gedauert hat, diese Arbeit zum Abschluss zu bringen. Dans gründliche Herangehensweise und seine Fähigkeit, ungewöhnliche Fragen zu stellen, bereiteten zwar manche Kopfschmerzen, waren aber Faktoren, die das Endergebnis wirklich verbessert haben.
Dan Bensky möchte sich auch bei William Boltz bedanken, seinem Betreuer an der University of Washington, der ihm zeigte, dass es bei der Lektüre von klassischem Chinesisch möglich ist, anstatt den Kopf gegen die Wand zu schlagen, einfach eine Tür in der Wand zu finden und sie zu öffnen.
Buchgestaltung von Gary Niemeier
Deutsche Übersetzung: Petra Zimmermann
Verlag | [Firma Bacopa Verlag] |
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ISBN | 9783991140825 |
Auflage | 1 |
Sprache(n) |
Deutsch |
Erschienen | 2025 |
Seitenzahl | 750 |
Ausführung |
Gebunden |
Lesebändchen | 1 |
Farbe/SW |
Schwarz/Weiss |
Autor/in | Shouchun Ma (Autor/in) , Dan Bensky (Autor/in) , Petra Zimmermann (Übersetzer/in) |